Geschichte des Fanclub Dosenbier

 

Alles begann in der Saison 94/95 in der Ratinger Eissporthalle, als noch die Profis des Vereins dort spielten, der später nach Oberhausen umzog und dort seinen sportlichen und wirtschaftlichen Untergang betrieb. Damals war die Welt in Ordnung. Vier lustige Gesellen trafen sich zu Heimspielen auf der Stehplatztribüne und hatten ihren Spass. Der war nicht abhängig vom Geschehen auf dem Eis!

Doch aus Spass wurde Ernst. Es wurde ein Fanclub "gegründet". So weit so gut, doch wie soll dieser Fanclub heissen? Nach kurzem, aber intensivem Nachdenken war auch diese Hürde genommen. Wer schon Dosenbier in die Halle schmuggelt, der soll auch dazu stehen. Also Fanclub Dosenbier!

Und da in Deutschland jeder Club Ämter vergeben muss, ernannte der spätere Vizepräsident Dirk Rathmann seinen Stehplatznachbarn Uli Hesse zum Präsidenten. Aus lauter Dankbarkeit ernannte dieser wiederum seinen Stehplatznachbarn zum Vizepräsidenten. Schnell waren sich die beiden einig, dass diese Ämter Gültigkeit auf Lebensdauer haben und nur vererbt werden können. Den beiden anderen Clubmitgliedern Karl-Heinz Müller und Martin Schäfer blieb nichts anderes übrig, als sich diesen Gegebenheiten zu fügen, denn ein Austritt aus dem Fanclub ist natürlich nicht möglich.

Mit diesen Hochakten deutscher Verwaltungsmässigkeit waren die Grundsteine für eine Clubpolitik gelegt, die keine Missverständnisse aufkommen lässt. Der gesamte Club stellte in der Folge sehr schnell fest, dass ein Anschluss an den Dachverband der organisierten Eishockey- Fans in Ratingen nicht möglich ist, da die Strukturen im Verband demokratischer Natur sind, was sich nicht mit der Struktur des Fanclubs Dosenbier deckt. Ergebnis der Clubpolitik war, dass T-Shirts angefertigt wurden, die ausser dem Logo des damals zu unterstützenden Vereins auch den Zusatz FANCLUB DOSENBIER trugen. Diese T-Shirts waren zu jedem Spiel zu tragen. Ein Verstoss gegen dieses Gesetz wurde mit einer Runde Bier vom Fass geahndet. Der Vollzug der Strafe fand unverzüglich statt. Weitere Gesetze, gegen deren Verstoss Repressalien ausgesprochen werden, existieren bis heute nicht.

Auf Auswärtsfahrten konnte immer wieder beobachtet werden, dass sich der Vizepräsident Dirk Rathmann auf Gespräche mit den Fans des gastgebenden Vereins, sogar in Düsseldorf, einliess. Darauf angesprochen gab er an, dass es äusserst wichtig ist, Kontakte zu anderen Fans zu pflegen. Diese Umstände brachten ihm das Amt und den Titel des "Fraternisierungsbeauftragten" ein.

Zur Erheiterung der Clubmitglieder sowie zur Refinanzierung derselben, wurde ein Tippspiel eingeführt, an dem alle Clubmitglieder teilnehmen. Und auch hier trat der Vizepräsident selbstlos in Erscheinung und bestimmte sich (kraft seines Amtes als Vizepräsident) zum Kassenwart. Auch dieses Amt erfüllte er mit grösster Präzision und Zuverlässigkeit. Unerlässliche Hilfsmittel waren dabei Notizbuch und Kugelschreiber.

Da in der damaligen Saison nicht einmal das richtige Ergebnis getippt wurde, sammelte sich ein "Pott" von nicht unansehnlicher Höhe an. Die Saison 96/97 war zu Ende, und es wurde bestimmt, eine Saisonabschlussfeier zu veranstalten. Das bis dahin ohne Amt behaftete Clubmitglied Martin Schäfer erklärte sich bereit, diesen Höhepunkt gesellschaftliche Treibens in Ratingen auf seinen Ländereien auszutragen. Dieser spontane Entschluss trug ihm die Funktion und den Titel des Marketenders im Fanclub ein. Als Termin für die Abschlussfeier wurde der 28. Juni 1997 festgelegt. Die Vorbereitungsarbeiten wurden auf die Mitglieder verteilt, alle freuten sich auf den Termin.

Aber halt ......... in der Zwischenzeit passierte doch noch eine ganze Menge:

Ein Direktor der Düsseldorfer Privatbrauerei Frankenheim, Herr Günter Lange, gibt im Stadttheater Ratingen bekannt, dass die Brauerei eine hier nicht näher benannte GmbH finanziell nicht weiter unterstützen wird, wenn diese ihren Wohnsitz nach Oberhausen verlegt. Diese GmbH zeigt sich unbeeindruckt und verzieht (sich) nach Oberhausen. Die dadurch bei der Privatbrauerei Frankenheim freigesetzten Mittel werden sinnvoll investiert. Unterstützung bei der Verteilung dieser Mittel findet Herr Lange durch die Herren Wolf, Nacke, Rosendahl, Büth und Kimstädt. Plötzlich, im Mai 1997, existiert ein neuer Eishockeyverein in Ratingen, die Ratinger Ice Aliens.

Die Begeisterung in der Bevölkerung ist überwältigend und übertrifft bei weitem die Erwartungen des Vorstandes des neuen Vereins. Da sich der FANCLUB DOSENBIER von der abgewanderten GmbH distanziert hat, sind die Mitglieder natürlich an der Entstehung und Entwicklung der ICE ALIENS sehr interessiert. Nachdem nähere Einzelheiten festgestellt wurden, konvertiert der komplette Fanclub (als erster in Ratingen) zu den ICE ALIENS. Dies wird manifestiert, durch den kollektiven Eintritt in den Verein am 28. Juni 1997 im Rahmen der Saison-Abschlussfeier (s.o.). Zusätzlich zu den Clubmitgliedern treten noch die Söhne aller Clubmitglieder den ICE ALIENS bei, sie sind zu diesem Zeitpunkt die jüngsten Vereinsmitglieder.

Nach eigenen Aussagen des Vereinsvorstandes der ICE ALIENS erwartete dieser zur Informationsveranstaltung im Bürgerhaus am 9. Juli 1997 ca. 30 - 50 interessierte Gäste. Gross war die Überraschung, als den Saal und das Treppenhaus annähernd 300 Personen füllten. Und mittendrin der FANCLUB DOSENBIER. Die Mitglieder waren die ersten, die ein T-Shirt mit dem Vereinslogo, dem Alien Udo (damals noch in blau), trugen. Diese T-Shirts waren ein Blickfang für viele Anwesende und mehr als einmal wurden wir gefragt, wo denn diese T-Shirts zu bekommen seien. Hier konnten wir immer nur die Antwort geben, dass man als echter Fan ein wenig Fantasie und Eigeninitiative aufbringen muss. Die Aktivitäten unseres Fanclubs blieben den aufmerksamen Augen des Dachverbandes nicht verborgen. Sofort wurden wir angesprochen, dem Dachverband beizutreten. Dieses sicherlich gut gemeinte Angebot haben wir mit Freude und Stolz entgegengenommen. Doch wie schon an anderer Stelle angemerkt, würde ein Beitritt in den Dachverband die Philosophie unseres Fanclubs in seinen Grundfesten erschüttern. Offensichtlich beeindruckten die T-Shirts den Ice Aliens- Vorstand so stark, dass wenig später ähnliche Shirts in der Geschäftsstelle zu kaufen waren. Damit hatte der FANCLUB DOSENBIER seinen grundlegenden Beitrag für den Bereich Merchandising der Ice Aliens geleistet.

Eine der Jahreszeit entsprechende, besinnliche Fahrt war das Auswärtsspiel gegen Wiehl am 21. Dezember 1997. Das Fanclub-Mitglied Karl-Heinz Müller übernahm die Organisation dieses Ausfluges inklusive Verteilung der Teilnehmer auf die vorhandenen Fahrzeuge, Erstellung und Verteilung von Anfahrtplänen und Buchung einer bergischen Kaffeetafel im Restaurant "Holsteins Mühle". Der reibungslose Ablauf sowie das Arrangement mit dem Wettergott, der in der Vorweihnachtszeit nur an diesem Tag Schnee fallen liess, beeindruckte die Teilnehmer stark. Spontan entschieden sie sich, Karl-Heinz Müller zum Fahrdienstleiter zu ernennen.

Doch nicht nur bei den Spielen unterstützten wir die ICE ALIENS. Auch die Merchandising- Aktivitäten des Vereins wurden durch den Kauf von Trikots, Schals und anderer Devotionalien gefördert. Zusätzlich wurden Fanclub- eigene Fanartikel hergestellt, wie T-Shirts, Sweat-Shirts, Aufkleber, Fahnen u.a. Zur Zeit befinden sich zwei Fahnen im Eigentum des Fanclubs. Eine Auswärts- und eine Heimfahne. Die Heimfahne wurde mehrfach durch Spieler bei deren Ehrenrunde nach der Begegnung geheiligt. Da der Vizepräsident den kürzesten Anreiseweg zur Eissporthalle hatte, wurde er zum Hüter der heiligen Fahne bestimmt.

Wir genossen die erste Saison der ICE ALIENS und die Stimmung bei den Spielen in der NRW- Regionalliga (ob heim oder auswärts) und dankten dem Vorstand für das Umsetzen einer guten Idee. Der einzige Wehmutstropfen in dieser schönen Eishockeyzeit offenbarte sich nach dem Heimspiel gegen die Schalker Haie in der Qualifikationsrunde: Dosenbier war in der Halle am Sandbach nicht mehr erwünscht. Kann sich jemand vorstellen, was das für uns bedeutete? Wieder einmal rutschten wir an den Rand der Legalität. Aber auch das standen wir durch.

Trotz aller Unwägbarkeiten liess es sich Andreas Wolff nicht nehmen, am 21. Februar 1998 (im Rahmen der Geburtstagsfeier des Clubmitglieds Karl-Heinz Müller - siehe Stadionheft vom 22. Februar 1998) einen Aufnahmeantrag (formlos, verbal) zu stellen. Da alle Mitglieder anwesend waren, konnte eine einstimmige Entscheidung herbeigeführt werden (die war zwar nicht nötig, aber immerhin). Nach Bereitstellung der obligatorischen Palette Dosenbier zugunsten der Clubmitglieder, wurde Andreas Wolff ein ordentliches Mitglied.

Nachdem sich der Vizepräsident von seinen Geschäften dauerhaft zurück gezogen hatte, übernahm Andreas Wolff die Funktion des Kassenwarts. Ebenso wie sein Vorgänger übte er dieses Amt bis zur Penibilität gewissenhaft aus. Im Jahr 2008 wurden die letzten Bargeldbestände des Fanclubs bei einem gemeinsamen Abendessen verbraten. Seitdem ist es für den Kassenwart ruhiger geworden.

Allgemein ist das Interesse an Eishockey in Deutschland zurück gegangen. Dies lässt sich einerseits an der eingeschränkten Berichterstattung im Fernsehen feststellen, andererseits auch an den schwindenden Zuschauerzahlen. Gründe finden sich hierfür in der Politik der Eishockeyverbände. Eine oberste Liga ohne Auf- und Abstieg ist für die deutsche Mentalität nicht geeignet. Sterile Arenen, die keine oder wenige Stehplätze aufweisen, zerstören die gewachsene Fankultur. Die Zusammenstellung von Ligen in den unteren Klassen richtet sich mittlerweile nicht mehr nach dem sportlichen Erfolg, sondern nach den finanziellen Möglichkeiten. So kommt es, dass Mannschaften, die sich sportlich nicht qualifiziert haben, trotzdem in einer höheren Liga spielen. Ein geregelter Auf- und Abstieg kommt so nicht zustande. Ligenzusammensetzungen ergeben sich erst sehr spät, so dass eine Saisonplanung für die Vereine immer schwieriger wird.

Aufgrund zweier Insolvenzen der Ratinger Ice Aliens und dem fehlenden sportlichen Erfolg, ist das Interesse der Fanclubmitglieder im Laufe der Jahre merklich zurückgegangen. Spiele werden nur noch sporadisch besucht, der Zauber ist verflogen. Doch ganz geben wir nicht auf. Dazu ist Eishockey eine zu faszinierende Sportart.

Ratingen im Dezember 2010
 


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